Die Sonne scheint und ich nehme die Einladung an, statt mit Bus und Bahn meine Dinge in der Stadt per Rad zu erledigen. Ob ich das bereue? Ja, irgendwie schon. Es ist erstaunlich, wie sich gefährliche, nervende und unübersichtliche Situationen endlos aneinander reihen. Auf allen durch weiße Steppnaht markierten Radwegen fahren oder stehen Autos, so dass es nicht möglich ist, bis zur roten Ampel vorzufahren. Stattdessen darf ich im Gestank der Abgase hinten warten. Das ist nicht nur dann der Fall, wenn ein Fahrzeug zum Entladen am Straßenrand steht, sondern auch, wenn der Radweg zum Parken genutzt wird (warum behindern Autos nicht einfach Autos? Warum müssen sie sich in den Bereich von Rad und Fußgänger drängen?), teilweise und viel zu häufig auch nur mit einem Reifen die Breite des Radweges reduzieren (dies macht aber dennoch ein gefährdendes Ausweichen auf die Fahrbahn notwendig).
2020 – niemals
Gibt es einen Radweg, der parallel zum Fußweg auf dem Bürgersteig verläuft, muss man als Radfahrerin natürlich auch die kreativ Parkenden umfahren, die zwei Millionen Schlaglöcher lasse ich mal außen vor, aber genauso ständig und unentwegt klingelnd Fußgänger drarauf aufmerksam machen, dass sie gerade sich und Radfahrer und wohlmöglich auch den restlichen Verkehr gefährden, weil sie achtlos vor ein Rad laufen. Dazu muss man damit rechnen, jederzeit in eine sich öffnende Autotür zu rammen, weil die Insassin nicht wahrnimmt, dass die sich öffnende Türe auf den Radweg schwenkt. (Es wäre deutlich besser, wenn die Radwege jeweils auf der Gegenspur untergebracht wären, dann könnten die Radfahrer sowohl den abbiegenden Gegenverkehr viel besser einschätzen und so an Kreuzungen weniger oft übersehen werden, als auch erkennen, wer seine Autotür im nächsten Moment auf den Radweg werfen könnte. Und die Insassen von Autos könnten auch besser erkennen, wer ihnen entgegen kommt.)
Jedenfalls bin ich nach nur wenigen Kilometern in der Bonner Innenstadt so dermaßen genervt von der Ignoranz der Autofahrer und der Unfähigkeit der Verkehrsplaner in Bonn, vernünftige Fahrradwege anzulegen, dass ich keine Lust mehr habe, mich in dieses Chaos und diese ständige Gefahr zu begeben. Wenn ich so langsam und umsichtig fahre, wie ich müsste, um recht gefahrlos unterwegs zu sein, kann ich auch gleich zu Fuß gehen!
Auf dem Rückweg am Rhein ist es auch nicht perfekt, dort laufen auch ständig alle möglichen Leute auf den Radwegen rum, weil es viel zu wenige Hinweise gibt, dass es sich bei den betreffenden Wegen nicht um Fußgängerwege handelt, aber alle sind wenigstens vor den Blechlawinen geschützt. Und es ist meist deutlich weniger los.
Ich bin nicht verwundert, dass Menschen über 25 sich nicht mehr per Rad auf den Bonner Straßen gefährden wollen. Und wenn dann auch noch der Polizei das Verständnis dafür fehlt, dass Radfahrer vor den KFZs geschützt werden müssen, anstatt bei den Zweiradfahrern noch die Schuld zu suchen (mehr Überschreitungen der Verkehrsregeln hin oder her; ALLES ist im Straßenverkehr zugunsten der Blechdosen ausgestaltet, dabei müssten Radfahrer schon aus ökologischen Gründen deutlich bevorteilt werden!), dann wird jede Idee, Bonn zur Fahrradhauptstadt zu machen, ad absurdum geführt. Ein paar Straßen durch Markierungen zu Fahrradstraßen umdefinieren, hat wenig Auswirkungen, wenn die Autos dort weiterhin so rücksichtslos fahren, wie bisher. Es ärgert mich dann höchsten noch mehr, wenn ich mich bedrängen und einengen lassen muss, weil Autofahrer noch mehr mein Recht auf Unversehrtheit ignorieren.
Und wenn sogar der Oberbürgermeister die Türe seines Dienstwagens im Stau einfach öffnet, ohne zurückzuschauen, wem er da die Autotüre um die Nase haut, sagt das eine ganze Menge über die Prioritäten der Fahrzeuge im täglichen Verkehr. Alle, die mit Verkehrsentscheidungen zu tun haben, müssten verpflichtet werden, erst einmal selbst eine Woche durch die Bonner Straßen zu radeln. Wer danach noch übrig ist, darf weiter arbeiten – und wohlüberlebt entscheiden.
PS: Ich hatte vergessen zu erwähnen, dass auch bei Neuanlage von Radwegen wieder und wieder folgendes Problem in Stein gehauen wird: Die Bordsteinkanten zum Auffahren auf den Radweg werden viel zu hoch angelegt. Ständig knallt der Rückschlag durch das Rad und den gesamten Körper, was weder dem Material noch dem Körper gut tut. Vielleicht gehen die Planer davon aus, das man mit 3km/h über die Wege schleicht. Ich nutze das Rad aber als Fortbewegungsmittel und fahre immer noch recht langsame 20-25 km/h. Dafür sind die Wegekarten aber bewusst nicht ausgelegt.
Und auch nicht die meisten Radwege, die man mit Fußgängern, Hunden, Joggern, Skaten und allen anderen teilen soll: Käme jemand auf den Gedanken, auf der Autobahn KFZs und Trecker zuzulassen, deren Geschwindigkeiten im Verhältnis in etwa so dimensioniert sind, wie die von Radfahrern und Fußgängern. Das ist für keine Partei ein Vergnügen!