Bei einer Veranstaltung zum Thema interkulturelle Kompetenzen habe ich einen Mann aus Italien kennen gelernt – darf man noch Italiener sagen? Jedenfalls und seisdrum, der Italiener, seit drei Jahren in Deutschland lebend und arbeitend, machte einige sehr aufschlussreiche Bemerkungen über unsere, nein, die deutsche Sprache bzw. die Art und Weise, wie er unser Sprechverhalten wahrnimmt.
So ruhig, soso ruhig.
Anfangs, in seiner ersten Zeit in Deutschland, als seine Beherrschung der Sprache noch sehr rudimentär war, glaubte er, alle Leute unterhielten sich über sehr ernste Dinge und seien alle sehr, sehr schlau. Ob es eine Unterhaltung im Linienbus war oder ein Kaffeeklatsch. Alles Intellektuelle, die sich in den Untiefen europäischer Philosophie verloren haben. So ruhig und gediegen, wie sie sich unterhielten. Und dann hat er seine erste Lektion in WiewirhierimBürounsIntegrationvorstellen erhalten. Ihm wurde gesagt, dass so, wie er spricht, es nicht weitergehe. Schluss mit zu laut, zu agitiert, zu aggressiv. Schluck. Das wurde ihm wohl auch ganz deutsch ruhig gesagt. Da erst hat er verstanden, dass die Leute in Deutschland heutzutage nicht so reden wie er es von zu Hause gewohnt war. Da mag es ja vor ein paar Jahrzehnten noch Ausnahmen gegeben haben. Und er hat gleich versucht, sich die deutsche Haut überzustreifen und bemerkt: das ist gar nicht so einfach. Ruhig reden. Es geht nicht einfach um leiser. Oder um weniger Einsatz von Armen und Händen. Um maßvoller prononcierte Aussprache. Er hat entdeckt, dass er die Töne aus der Tiefe seines Körpers abholen muss. Nicht die Kehle produziert diese Ruhe, es ist irgendein Organ hinter oder zwischen oder in seinen Lungen, irgendwo im Oberkörper. Es war anstrengend und gar nicht so simpel. Aber er hat es geschafft, wie wir feststellen mussten. Er ist jetzt ICE-kompatibel und fällt auch im Büro nicht mehr so unangenehm auf. So lernt man nie aus.