Ich sitze im Kino. Angekündigt ist ein s/w-Stummfilm mit Live-Begleitung am Flügel. In einer der vorderen Reihen sitzt eine junge Familie mit Bildungsambitionen. Die dreijährige Tochter soll offensichtlich frühzeitig lernen, was die europäische Cineasten-Geschichte so zu bieten hat. Ich frage mich, wie lange das gutgehen wird.
Kurz darauf befinde ich mich auf einem weiteren Kulturtrip und lasse mich zusammen mit etwa 40 anderen von berufener Stimme über die vergangenen 700 Jahre einer gut versteckten Schmuckimmobilie auf der rechten Rheinseite aufklären. Spannend, jedenfalls für mich als Süchtige, was alte Gemäuer und verkommene Stadtplanung angeht. In der vordersten Reihen eine junge Familie, die nicht möchte, dass der kleinen Tochter diese wertvollen Informationen vorenthalten werden. Diese scheint sich naturgemäß nicht so sehr für Heimatgeschichte zu interessieren, auch wenn es sich um ein Schloss handelt. Das Gleiche gilt für ihre noch kleinere Schwester. Der geduldige ältere Herr nimmt alle Konzentration zusammen und lässt sich durch die Kinderstimmen nur minimal vom geplanten Ablauf seines Vortrages ablenken. Ich frage mich, wie lange das gut gehen wird.
Und dann, nur wenige Stunden später – ich gebe zu, ich fordere das Schicksal und auch meine Leistungsfähigkeit heraus – stehe ich im Garten eines alten Herrenhauses, auch dies ein vernachlässigtes Kleinod meiner Heimatstadt. Und, es ist leicht zu erraten, wer steht mit mir in der Zuhörerschaft bei einem Vortrag über die aufregende Lebensgeschichte der Beueler Musikschule? Ja, ein bildungshungriges junges Elternpaar mit zwei kleinen Mädchen, die sich auffällig wenig für die durch Motorenlärm schallenden Worte des Vortragenden interessieren und stattdessen ihre Freude am Laufen und Ballspiel zwischen unseren Beinen durch kindlich-fröhliche Juchzer zum Ausdruck bringen. Ich frage mich auch hier, wie lange das gutgehen wird.
Die Mutter im Kino hatte sich gezwungen gesehen, nach kurzer Zeit mit dem völlig verängstigten Kind den Raum zu verlassen und hat ihm damit wahrscheinlich einige Sitzungen beim Therapeuten erspart. Die anderen oben erwähnten Kinder mussten bis zum bitteren Ende der Veranstaltungen durchhalten. Die Zuhörer ebenfalls. Oder hätten müssen. Denn ich musste meinen empfindlichen Ohren und geschundenen Nerven zu etwas mehr Ruhe verhelfen und bin daher der stressigen Situation entflohen. Schade. Ich war nämlich eine der wenigen wirklich interessierten Zuhörerinnen.
Liebe Eltern. Tut es euren Kindern nicht an. Und auch nicht Unbeteiligten. Und auch euch nicht. Es ist ganz einfach, herauszufinden, welche Freizeitangebote für Kinder geeignet sind. Schaltet einfach mal den Bauch an. Danke.