Es ist ja so: Als ich damals kurz nach der Jahrtausendwende nach Godesberg zog, schien mir das schwerwiegendste Delikt ein gegen die Fahrtrichtung abgestelltes Fahrzeug. Schon damals hörte man aber im Gebüsch das Murmeln der Alteingesessenen, dass es mit Godesberg bergab gehe. Kriminalität aller Orten. Aha. Na gut, der Bahnhof machte nicht den besten Eindruck, ein Investitionsstau motivierte hier die übliche Zerstörungswut der Jugend. Aber da hätte die Bahn etwas gegen tun können. Eine hinfällige Renovierung wurde mindestens 12 Jahre lang Jahr für Jahr hinausgeschoben. Ansonsten herrschte weiter Ruhe im Karton – vielleicht mal abgesehen von meinem Nachbarn, der gerne durch jegliches zu erzeugende Geräusch auffiel. Er muss sich wahrscheinlich selbst hören, um wahrzunehmen, dass er existiert. Oft genug ließ ich versehentlich meinen Schlüssel außen auf der Türe meines Autos hängen, um ihn nach einigen Tagen und Nächten endlich dort wiederzufinden. Weiter passierte auch dadurch nichts. Vor ein paar Jahren dann ein Einbruch. Meine Kellertüre war verbogen – mein lauter Nachbar hatte praktischerweise einen Kuhfuß im Flur liegen und die Kinder ein Kellerfenster offen stehen lassen. Ein Fahrradschloss samt Schlüssel war entwendet worden. Der Rest war noch da. Auch die Fahrräder. Aber wir haben dann sicherheitshalber mal die Kellerfenster vergittert und die Wohnungstüre gegen eine sichererererere ausgetauscht. Und dann passierte etwas wirklich Schlimmes: Ein Jugendlicher kam ums Leben, bei einer Auseinandersetzung mit einem oder mehreren anderen Jugendlichen. Alkohol spielte ebenfalls eine Rolle, womit ich nichts beschönigen möchte. Ich finde es aber immer wieder erstaunlich, dass so wenige tödliche Vorkommnisse zu verzeichnen sind, wenn ich mitbekomme, wie Jugendlich manchmal miteinander oder mit sich umgehen. Aber hier war es nun geschehen. Weil irgendjemand der Beteiligten irgendeine Art von Migrationshintergrund hatte und Godesberg neben München der oft genannte Ort ist, der von fremden Wesen mit Burka oder Niqab exotisiert wird, waren alle Rechten gleich hellhörig und haben Panik verbreitet. Was dazu führte, dass nun die Polizei mehr Präsenz zeigt. Sie sagt selbst, dass in Godesberg „am Tage ein fröhliches, friedliches Multikulti herrsche“. Darum sind jetzt zwischen 9 und 20 Uhr verstärkt Beamte auf der Straße – um am fröhlichen, friedlichen Multikulti teilzuhaben? Na ja, abends, nach 20 Uhr, wenn sich das Blatt gefährlich wendet, werden dann vermehrt „potenzielle jugendliche Straftäter“ vor allem in Parks ins Auge gefasst. Und das Ergebnis des neuen Sicherheitskonzeptes hat bereits Früchte getragen:
Es wurden nächtliche Aufenthaltsverbote für einige Jugendliche ausgesprochen, man hat einen von ihnen sogar erwischt – er trug einen Haschischzerkleinerer bei sich.
Des weiteren standen mehrere Männer mit angespannten Körpern auf einem zentralen Platz in der Innenstadt und tuschelten.
Und zu guter letzt wurde bei einer Autokontrolle mit Drogenspürhund auf streng genommen nicht mehr so ganz Godesberger Gebiet ein Fahrer erwischt, der Cannabis geraucht hatte.
Und dann gab es noch den Godesberger, der der Polizei bereits aufgefallen war und den man dann in einem verdächtigen Auto wiedersah, das ebenfalls kontrolliert wurde. Und wie konnte es anders sein: Der Fahrer hatte keinen Führerschein – dabei.
Ich habe das Gefühl, ich liege immer noch einigermaßen richtig, wenn ich empfinde, dass das schwerwiegendste Vergehen in Godesberg meist das Parken gegen die Fahrtrichtung ist.