Nach Wochen der Abwesenheit zurück in Bonn fühle ich mich Tag für Tag mehr erschlagen von meiner Außenwelt. Während ich die letzten Wochen eher in mir verbracht habe, umgeben von einer befremdlichen Welt voller alter Menschen, die mich an eine mögliche Zukunft erinnerte, kommt jetzt – wo ich wieder in der wirklichen Welt stecke – im Minutenrhythmus ein Anschlag auf meinen inneren Frieden. Neben den Kriegsschauplätzen in meinen Mitmenschen und an allen möglichen Orten wenige hundert Kilometer von hier entfernt, habe ich das Gefühl, von meinen eigenen elektronischen Kommunikationsgeräten umzingelt zu werden. Keine Fluchtmöglichkeit vor Künstlicher Intelligenz oder Algorithmen, die jeden Schritt überwachen, ständig zur Verantwortung ziehen, mich mit allen Mitteln als Feindin des fresssüchtigen Kapitalismus jagen und dabei darauf aus sind, jegliche Finanzen aus meinen Taschen zu ziehen. Schlupflöcher, die mir noch vor wenigen Jahren erlaubten, einfach mal ein Mensch zu sein, gibt es nicht mehr. Wenn man wie ich amazon, Facebook und WhatsApp vermeidet, ist man verdächtig. Was sollte die Drohne letztens vor meinem Schlafzimmerfenster? Kann ich noch einen Schritt gehen, ohne dass google Bescheid weiß? Und weiß google schon lange vor mir, was ich in Zukunft tun werde, welche Krankheiten ich bekomme, was ich kaufen werde, mit wem ich Kontakt halten werde? Augen werden nicht mehr zugedrückt und alles spricht dafür, dass mir als Bürgerin dieses Staates ständig und konstant misstraut wird. Misstrauen und Kontrolle aller Orten, nicht nur von oben, auch von ganz normalen Mitmenschen, die selbst verunsichert durch das Leben laufen. Misstrauen auch von mir selbst.Vielleicht ist meine Wahrnehmung gerade sehr sensibel für diese Entwicklungen. Vielleicht benötige ich gerade dringend einen Ort der Ruhe und es Friedens. Aber selbst zu Hause werde ich gejagt. Mein Musiksystem verlangt ständig nach Updates und warnt mich, wenn mein Computer nicht mehr eine bestimmte Mindestvoraussetzung erfüllt, werde ich es nicht mehr steuern können. Nichts darf bleiben, wie es ist. Updates, immer wieder. Alles muss im Fluss bleiben. Alles muss (s)ich ständig verändern, Beständigkeit und Konstanz sind nicht nur unerwünscht, sondern systemgefährdend. Und dabei ist das gesamte System ins Rutschen geraten. Nicht nur brennen Gesellschaften an allen Ecken und Enden der Erde, auch der restliche Teil unserer Umgebung ist in zu schnelle, destruktive Bewegung geraten. Das Eis schmilzt, die Haie sterben und damit die Meere, die Elefanten entwickeln im Kampf gegen ihre Ausrottung kontinentübergreifend Psychosen und gewaltige Kräfte gegen sich selbst und ihre Umwelt, Essen kann man nichts mehr ohne dazu beizutragen, entweder die Welt zu vergiften oder zur Ausrottung von Arten beizutragen oder anderen Menschen ihre Lebensgrundlage zu nehmen, ein nicht schädigendes Verhalten scheint nicht mehr möglich. Vielleicht ist Faulsein ein Ausweg. Bei der Hitze wäre das wahrscheinlich die beste Wahl.