Dem einen oder anderen ist vielleicht schon aufgefallen, dass sich in Godesberg neue alpine Strukturen gebildet haben. Bis April dieses Jahres war der Höhepunkt in allen Bedeutungen des Wortes der Godesberg – hier bei geöffneter Türe sogar der Bergfried. Da bekam man in der Regel einen heißen Kaffee oder ein erfrischendes Getränk, was den Aufstieg reizvoll machte. Nun aber gibt es eine neue Erhebung. In unglaublicher Höhe führt über die Hochspannungsleitungen der Deutschen Bahn die, ja, wie soll man es nennen, Treppe? Eine HochTief-Konstruktion mit schätzungsweise gefühlten 1087367 Stufen, die aus durchlöchertem Blech bestehen und oft nur mäßig in die seitlichen Halterungen eingepflegt wurden. Sie biegen sich leicht nach unten, wenn man sein Körpergewicht darauf stellt, noch mehr, wenn andere Mutige dies gleichzeitig tun. Und wenn man Glück und das richtige Timing hat – und in die richtige Richtung läuft – stößt die Stufe einen mit Leichtigkeit ein wenig nach oben, um zur nächsten Anhöhe zu gelangen. Man darf nur nicht nach unten schauen, denn da flimmert die Tiefe durch die Löcher, was einen ohnehin schon schwindelt, ob der Höhe. Und ob des Flimmerns wird der Schwindel deutlicher, denn die Löcher der oberen Stufen verschieben sich bei jeder Bewegung gegen die Löcher der unteren Stufen, was dem Auge wenig Halt gibt und bereits manchen Körper zu Fall brachte. Gut ist aber, dass man wenigstens nicht einschlafen kann, denn das Auf und Ab auf den Stufen ist aufgrund des Klapperns der nicht wirklich passend verbauten Bleche so laut, dass man es bei reger Benutzung durch das gesamte Viertel hört – Tag und Nacht. Warum genau man für eine fast zweijährigen Bauzeit alte, verbogene, teilweise rockige, von längst abgebauten Baustellen verdreckte Bauteile benutzen musste, weiß niemand zu beantworten. Egal.
Nun ist es so, dass die Stufen dazu dienen, zu den Gleisen des gut frequentierten Godesberger Bahnhofs zu gelangen, bzw. diese zu verlassen. Diejenigen, die sich davon nicht abschrecken lassen und am Bahnhof ankommen, müssen erst einmal den Zugang finden. Denn der liegt ja nun an völlig neuer Stelle. Dafür hat sich die Bahn ausgedacht, selbst bedruckte DINA4-Bätter zu laminieren und mit durchsichtigem Klebefilm an die provisorischen Wände, Zäune und Pfähle der Konstruktion zu befestigen. Die haben natürlich nur ein paar Tage gehalten. Reste sind noch hier und da zu finden.
Eine freundliche Mitarbeiterin der Bahn erklärte mir, dass es sich doch um eine Baustelle handle, da könne man doch keine neuen Schilder anfertigen lassen. Auch nicht für gut anderthalb Jahre …
Gut. Wir, die wir auf die Bahn angewiesen sind, besteigen den Berg weiter, klappern von unten nach oben und von oben nach unten, helfen der Mutter mit Kinderwagen, dem Senior mit Krückstock und uns selbst über die Hürden. Am Ende haben wir ja dann einen schönen neuen Bahnhof. Alles andere ist Schilda.